Hans Loewenthal

04. Dezember 1899 in Berlin

20. Dezember 1986 in London

Kurzbiographie

Hans Loewenthal (1899-1986) kam in Berlin als jüngstes Kind von Theodor Loewenthal und Jenny (geb. Elkan) zur Welt. Er hatte drei ältere Schwestern. Sein Vater war von Beruf Metzger mit eigener Fleischerei und Wurstfabrik. Nachdem Hans Loewenthal zu Ostern 1917 sein Reifezeugnis erhalten hatte, war er am Ende des Ersten Weltkriegs als Soldat der österreichischen Armee in Italien stationiert. Daraufhin studierte er Medizin und Naturwissenschaften an den Universitäten in Berlin und Würzburg. In Würzburg promovierte er 1922 im Fach Zoologie mit einer experimentellen Arbeit an Schmeißfliegen [„Cytologische Untersuchungen an normalen und experimentell beeinflußten Dipteren“], 1924 beendete er sein Medizinstudium in Berlin mit einer Dissertation über die Eireifung beim Gemeinen Schlammröhrenwurm [„Die Oogenese von Tubifex tubifex (Müll.)“]. Beide Arbeiten waren zuvor bereits als Artikel im Archiv für Zellforschung, einer renommierten Fachzeitschrift, erschienen.

Seine erste Anstellung fand Hans Loewenthal am Universitätsinstitut für experimentelle Zellforschung, das zu dieser Zeit noch eine Abteilung am Institut für Krebsforschung der Charité war. Später war er in der Bakteriologischen Abteilung des Rudolf-Virchow-Krankenhauses tätig, bevor er ans Forschungsinstitut für Hygiene und Immunitätslehre in Berlin-Dahlem wechselte, das von Ernst Friedberger (1875-1932), einem deutschen Immunologen und Hygieniker jüdischer Abstammung, geleitet wurde. Am RKI begann Loewenthal wahrscheinlich 1928 in der von Josef Koch (1872-1944) geleiteten Wutschutzabteilung und baute in den folgenden Jahren ein Labor für Zellforschung auf. Er veröffentlichte mehrere Beiträge in der Zeitschrift für Hygiene und Infektionskrankheiten sowie in der Zeitschrift für Krebsforschung. Gemeinsam mit RKI-Präsident Fred Neufeld (1869-1945) verfasste er einen Beitrag über Phagocytose [Aufnahme extrazellulärer Partikel, Mikroorganismen oder Flüssigkeiten durch spezialisierte Zellen] für den 1929 veröffentlichten 13. Band des „Handbuch der normalen und pathologischen Physiologie“.

Nach seiner Entlassung aus dem RKI emigrierte Hans Loewenthal im Sommer 1933 nach England. Er nahm auf Anraten und mit Unterstützung der Berliner Zellforscherin Rhoda Erdmann (1870-1935) im August 1933 in Cambridge am III. Internationalen Kongress für experimentelle Zellforschung teil und kehrte nicht nach Deutschland zurück. Am 8. Dezember 1933 heiratete er in London die ebenfalls aus Berlin stammende Ilse Hanna Stenger (1902-2000). Die beiden gemeinsamen Töchter wurden 1935 und 1939 geboren. Hans Loewenthal arbeitete zunächst als Fellow am (Royal) London Hospital und während des Krieges – inzwischen britischer Staatsbürger – im Rettungsdienst (Emergency Medical Service). Ab 1945 war er im nördlich vom Londoner Stadtzentrum in Enfield gelegenen Chase Farm Hospital als leitender Pathologe tätig. Im Jahr 1963 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern des Royal College of Pathologists. Hans Loewenthal starb kurz nach seinem 87. Geburtstag im Dezember 1986 in London.

Quellen:

  • Auskunft von Susan Loewenthal Lourenço, der Tochter von Hans Loewenthal
  • Hinz-Wessels A (2008) Das Robert Koch-Institut im Nationalsozialismus. Kulturverlag Kadmos: Berlin
  • Hubenstorf M (1994) „Aber es kommt mir doch so vor, als ob Sie dabei nichts verloren hätten.“ In: Fischer W, Hierholzer K, Hubenstorf M, Walther PT, Winau R (Hrsg) Exodus von Wissenschaften aus Berlin. Fragestellungen – Ergebnisse – Desiderate. Entwicklungen vor und nach 1933. Akademie der Wissenschaften zu Berlin: Forschungsbericht 7. Walter de Gruyter: Berlin/New York, 355-460